Faktencheck Homöopathie

Faktencheck: Krankenkassen sollen bei Homöopathie sparen

Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) erwartet für 2024 ein Defizit in Höhe von sieben Milliarden Euro. IKK-Chef Ralf Hermes forderte daher im Mai 2023 zum Sparen auf. Unter anderem bei der Homöopathie sieht er großes Potenzial.[1] Diese Sichtweise entbehrt jedweder Sachgrundlage, und Herr Hermes verkennt die wesentlichen Baustellen des Gesundheitssystems.

Was geben die Kassen für Homöopathie aus?

Quelle: https://tinyurl.com/2unnhrhf
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Im Jahr 2022 haben die gesetzlichen Krankenkassen insgesamt 289 Milliarden Euro ausgegeben, davon 50 Milliarden für Arzneimittel.[2] Hiervon wiederum entfielen 6,6 Millionen auf Homöopathika. Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) weist diesen Bruchteil mit 0,0% aus, tatsächlich entspricht er 0,013%.[3]

Was bekommen Kassen und Versicherte für das Geld?

  • Bereits 2006 stellte ein umfassender wissenschaftlicher Bericht im Auftrag der Schweizer Regierung fest:  Homöopathie ist nicht nur wirksam und sicher, sondern auch wirtschaftlich, insbesondere im Vergleich zu konventionellen Therapien.[4]
  • Eine Studie aus 2014 wertete die Daten von 1,5 Millionen Versicherten in den Niederlanden aus. Sie fand heraus, dass es Patienten mit naturheilkundlicher Therapie mindestens genauso gut geht wie mit rein konventioneller. Dabei wurde mit Homöopathie weniger Geld ausgegeben als ohne.[5]
  • 2014 wurde die Kosteneffizienz der Homöopathie in einer systematischen Übersichtsarbeit untersucht: In acht von 14 Studien fanden die Forscher gesundheitliche Verbesserungen, die denen der ausschließlich schulmedizinisch behandelten Kontrollgruppe ähnelten, und die Kosten waren geringer.[6]
  • Eine Untersuchung aus 2015 verglich rein schulmedizinisch und primär homöopathisch arbeitende Arztpraxen in Frankreich. Sie konstatierte 20% geringere Kosten für die gesetzliche Krankenversicherung in der Homöopathiegruppe.[7]
  • Eine Studie mit 2.524 Versicherten der Techniker-Krankenkasse aus 2020 belegte die Kosteneffektivität der Homöopathie bei Kopfschmerzen, Neurodermitis und Depressionen.[8]
  • 2022 veröffentlichte die deutsche Securvita Daten von 15.700 Versicherten, die sich mindestens drei Jahre lang regelmäßig homöopathisch behandeln ließen. Es „zeigte sich bei fast allen untersuchten Indikationen und Gruppen eine positive Entwicklung im Sinne von sinkender Morbidität und abnehmender Inanspruchnahme von Krankenversicherungsleistungen“ im Vergleich zu ausschließlich schulmedizinisch Behandelten.[9]
Europakarte

Wo sinnvoll sparen?

Mit der Erstattung von Homöopathie kann die GKV also Geld sparen. Denn die Versicherten verursachen weniger Kosten, als wenn sie rein konventionell therapiert werden. Denn sie sind langfristig gesünder. Es folgen zwei Beispiele dafür, wohin unser Gesundheitssystem erhebliche Summen leitet, ohne dass die Bevölkerung davon profitiert.

Spitzenklasse bei der Preisbildung

Seit dem 01. Juni 2020 ist Zolgensma, das teuerste Arzneimittel der Welt, in Deutschland auf dem Markt. Es dient zur Therapie der Spinalen Muskelatrophie (SMA), einer schweren Erbkrankheit, die das Rückenmark angreift und Muskelschwund verursacht. Bis zu 100 Kinder pro Jahr kommen in Deutschland mit SMA auf die Welt.

Der Preis für eine Behandlung mit Zolgensma beträgt 2,6 Millionen Euro, unabhängig von der eingesetzten Dosis.[10] In Deutschland spiegelt der Preis eines neuen Arzneimittels nicht etwa die Entwicklungs- oder Herstellungskosten wider, sondern den „Zusatznutzen“. Wie hoch der ausfällt, bewertet der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA).[11] Der Hersteller Novartis konnte bereits kurz nach Markteinführung einen Gewinn von 2,5 Milliarden Euro verbuchen.[12]

Milliardengrab Corona-Impfstoffe

Der Bund hat bislang Corona-Impfstoffe im Wert von 13,1 Milliarden Euro bestellt. BioNTech hat 2021 die Preise um 50% erhöht.[13] Mindestens 29,4 Millionen Impfstoff-Dosen, die das Bundesgesundheitsministerium gehortet hat, sind nun abgelaufen und müssen vernichtet werden.[14] Die Kosten trägt die Solidargemeinschaft. Der Nettogewinn von BioNTech in den Jahren 2021 und 2022 betrug 19,7 Milliarden Euro.[15]

Diese Liste ließe sich ohne Weiteres verlängern: Wucher, Verschwendung und Fehlinvestitionen prägen das deutsche Gesundheitssystem. So wird erklärlich, warum es zwar das teuerste in Europa ist, aber dennoch eher bescheidene Ergebnisse hervorbringt, wie eine vergleichende Studie der Europäischen Kommission 2021 herausfand.[16]

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Fazit

Die Ausgaben der GKV für Homöopathie sind äußerst gering. Wissenschaftliche Untersuchungen stellen mehrheitlich fest, dass das Geld der Versicherten bei dieser Therapieform vergleichsweise gut angelegt ist. Ein relevantes Sparpotential für das Gesundheitssystem bieten ganz andere Baustellen. Wer die Erstattung der Homöopathie durch die Krankenkasse streichen möchte, agiert auf Grundlage unwissenschaftlicher Motive und widerspricht den Interessen der Bevölkerung.

Quellen

[1] www.finanzen.de/news/gesetzliche-krankenkasse-besserverdiener-sollen-mehr-beitraege-zahlen
[2] www.bundesgesundheitsministerium.de/presse/pressemitteilungen/vorlaeufige-finanzergebnisse-der-gkv-fuer-das-jahr-2022-10-03-2022.html
[3] tinyurl.com/2unnhrhf
[4] Bornhöft, G. & Matthiessen, P.F. [Hrsg.] (2006): Homöopathie in der Krankenversorgung - Wirksamkeit, Nutzen, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit. Frankfurt am Main: VAS, 2006.
[5] Baars, E. W., & Kooreman, P. (2014). A 6-year comparative economic evaluation of healthcare costs and mortality rates of Dutch patients from conventional and CAM GPs. BMJ Open, 4, e005332.
[6] Viksveen P, Dymitr Z, Simoens S. Economic evaluations of homeopathy: a review. Eur J Health Econ. 2014 Mar;15(2):157-74. doi: 10.1007/s10198-013-0462-7. Epub 2013 Feb 10. PMID: 23397477.
[7] Colas A, Danno K, Tabar C, Ehreth J, Duru G (2015): Economic impact of homeopathic prac-tice in general medicine in France. Health Econ Rev. 2015; 5: 18.
[8] Kass B, Icke K, Witt CM, Reinhold T. Effectiveness and cost-effectiveness of treatment with additional enrollment to a homeopathic integrated care contract in Germany. BMC Health Serv Res. 2020 Sep 15;20(1):872. doi: 10.1186/s12913-020-05706-4. Erratum in: BMC Health Serv Res. 2020 Sep 30;20(1):909. PMID: 32933511; PMCID: PMC7493372.
[9] www.securvita.de/fileadmin/inhalt/dokumente/auszuege_SECURVITAL/202004/securvital_0420_6-11.pdf
[10] www.bkk-dachverband.de/versorgung/arzneimittel/das-teuerste-arzneimittel-der-welt-ist-nun-in-deutschland-auf-dem-markt
[11] www.g-ba.de/themen/arzneimittel/arzneimittel-richtlinie-anlagen/nutzenbewertung-35a/
[12] www.fr.de/politik/zwei-millionen-euro-fuer-eine-infusion-90213053.html
[13] www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/corona-impfstoff-kosten-101.html
[14] praxistipps.focus.de/corona-impfdosen-wie-viele-millionen-vernichtet-werden-was-das-kostet_157270
[15] mainzund.de/biontech-in-mainz-auch-2022-mit-milliardengewinnen-2023-umsatz-von-fuenf-milliarden-mit-covid-19-impfstoff-erwartet/
[16] health.ec.europa.eu/system/files/2021-12/2021_chp_de_german.pdf

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